In dieser Aufnahme hören Sie ein Klavier von Paul Schmidt aus Spandau. Leider sind im Atlas der Pianonummern keine Daten über diesen Klavierbauer erhalten. Die äußeren und inneren Details weisen auf den Zeitraum Anfang 1900 hin.

Das Instrument wurde längere Zeit nicht mehr gestimmt. Der letzte Klavierservice hat sich mit seinen Einträgen in eine Art Service-Heft als Nicht-Versteher älterer Klavier geoutet, denn er dort kann man lesen, dass das Klavier auf 442 Hertz gestimmt worden sei. Falls das stimmt, hatte der Kollege großes Glück, dass ihm keine Saiten gerissen sind. Denn der heute übliche Kammerton von 440 Hertz wurde ja erst 1939 als Empfehlung für eine internationale Richtlinie ausgegeben.

Die Hammerfilze geben einen weiteren Hinweis auf einen schlechten Service. Denn sie waren schief eingespielt und sehr hart. Vermutlich fand die mangelhafte Positionierung der Hammerköpfe schon beim Hersteller statt. Doch in den 100 Jahren danach hätten mehrere Kollegen die Gelegenheit gehabt, dies zu korrigieren. Doch anstatt die Hämmer sauber auszurichten und die Filze entsprechend zu bearbeiten, wurden die Hammerfilze auch noch getränkt. Dabei werden die Filze der Hammerköpfe mit einer klebrigen Flüssigkeit eingelassen. Wenn die Flüssigkeit getrocknet ist, ist der Filz hart. Nun werden Sie fragen: Was soll das bringen? Der katastrophale Eingriff soll den so genannten Brillanten Klang als einen angeblichen Mehrwert erzeugen. Das wiederum zeugt vom totalen Unverständnis der Materie. Denn:

Der Ideengeber für die Hammermechanik war der Hackbrettspieler Pantaleon Hebenstreit mit seiner Sonderanfertigung eines Hackbretts von Gottfried Silbermann. Dieses Hackbrett, das man später Pantaleon nannte, hatte einen doppelten Saitenbezug, nämlich Stahl- und Darmsaiten. In Verbindung mit Klöppeln, die auf der einen Seite hölzern und auf der anderen Seite mit Leder überzogen waren, konnte dieser Hackbrettspieler einen regelrechten Klangzauber auslösen – einem Synthesizer ähnlich und das Ende 1600 bzw. Anfang 1700! Aus diesem Grund waren seine Konzerte sehr gefragt und er zog von Fürstenhof zu Fürstenhof, um dort zu konzertieren. Bei einem solchen Konzert war der Cembalobauer Bartholomeo Cristofori anwesend und er war genauso beeindruckt wie alle anderen Gäste. Cristofori kam anschließend auf die Idee, das beidhändige Klöppeln mit einer Hammermechanik zu mechanisieren und dieses Spielwerk mit der bekannten Bedienoberfläche der Klaviatur zu verbinden. So konnte man nun mit 10 Fingern anstatt mit 2 Händen klöppeln.

Die Namensgebung wurde abgeleitet von der Hammermechanik und verbunden mit dem Namen Klavier, was damals der Oberbegriff für Tasteninstrumente war. Daher schrieb Johann Sebastian Bach das Wohltemperierte Klavier zu einem Zeitpunkt, als das uns heute bekannte Klavier zwar im Kern schon erfunden aber längst noch nicht verbreitet war. Die Konstruktionsmerkmale der ersten Hammerklaviere waren angelehnt an das Hackbrett. Aus diesem Grund wurden im Hammerklavier durchgängig 2 Saiten pro Ton angeschlagen. Außerdem waren die Klavierhämmer aus Holz bzw. mit Leder überzogen. Den heute üblichen Filz über den hölzernen Hammerkernen mussten erst die Hutmacher nach 1800 in Mode bringen. So kam es, dass erst 1826 der Klavierbauer Henri Pape auf die Idee kam, die Holzkerne mit dem Filz zu überziehen. Filz ist ja ein elastisches Material. Über die Holzkerne gespannt hatte es somit die Besonderheit, dass sich Aufschlagfläche des Filzes in Abhängigkeit von Anschlagsdynamik anpasst, was wiederum dem Klang unterschiedliche Nuancen verleiht.

Aber im wesentlichen entstand durch somit große Aufschlagfläche auf den Saiten ein völlig neuer Klang, der auch noch zufällig in uns einen Automatismus der Entspannung auslöst. Mit diesem neuen Klang hatte das Instrument nun endlich ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal, den man auch noch als Wohlklang definierte. Der Klang betrifft den Markenkern eines Musikinstruments. Daher änderte sich nun auch die Marke: Aus dem Hammerklavier wurde nachfolgend das Pianoforte! Nachfolgend löste diese Innovation der Filzplatten über den hölzernen Hammerkernen einen Entwicklungssturm aus und das Piano fand weltweit eine massive Verbreitung. Es entstand das Klavierkonzert als ein ernsthafter Marktfaktor innerhalb des Konzertangebots. Damit verbunden öffnete sich Musikern eine von Kirche und Fürsten unabhängige Quelle, sich zu finanzieren.

Diese historisch ausschlaggebenden Entwicklungsschritte will man nun mit dem Brillanten Klang dank harter Hammerfilze rückgängig machen. Was steckt dahinter?

Der Brillante Klang ist in Wahrheit ein Betriebsunfall. Mit der Entwicklung zum Kleinklavier begann der Abbau von Qualität im Klavierbau. Denn die Größe des Resonanzbodens ist der Schlüssel für den guten, vollen Klang. Mit einem immer kleineren Resonanzboden verbunden sind auch immer kürzere Saiten. Aber gerade der Bass braucht so viel Länge wie möglich, weshalb Konzertflügel bis zu 3 Meter lang sind. Als nächstes kam man im Zuge der Einsparungen zu Gunsten der Gewinnoptimierung auf die Idee, den Filz nicht mehr von Hand walken, sondern von Maschinen pressen zu lassen. Das Ergebnis waren aber Filzplatten mit einer zu geringen Spannung. Das Piano wurde nun vor allem für Klavierkonzerte zu leise. Daher besann man sich eines alten Tricks der Klavierbauer, den diese für einzelne Töne oder für Partien eingesetzt haben, wenn diese im Vergleich zu schwach waren: Man tränkte die Hämmer mit einer klebrigen Flüssigkeit. Diese Praxis übernimmt man heute für komplette Klaviaturen (!) und viele Spezialisten im Klavierservice vergewaltigen den Klang alter Klaviere mit dieser Maßnahme. Sie zerstören damit offensichtlich unwissend die Kultur des Klavierklangs, der ursprünglich der Romantische Klang war: Ein runder, voller, weicher Ton – wie man ihn vor seinem inneren Ohr hört, wenn man sich vorstellt, dass mit dickem Filz überzogene hölzerne Klavierhämmer gegen über einen Klangkörper gespannte Saiten schlagen. Hören Sie zu diesem Klangmuster ein Hörbeispiel eines außergewöhnlichen, da 1,50 m hohen Klaviers, das 1908 von Steingraeber in Bayreuth gebaut worden ist!

Zurück zu unserem Hörbeispiel: Gehen wir also zur Fortsetzung zur Stimmung, zu der daran anschließenden Live-Intonation, also der Bearbeitung des Klangs und hören Sie, welches Endergebnis ich erreichen konnte.

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Bitte beachten Sie, dass sämtliche Hörbeispiele der Klavierstimmerei Praeludio durch das Copyright geschützt sind.

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    • Type: Original
    • 92.5 bpm
    • Key: Cm
    • © All rights reserved
    • Coburg, Deutschland
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