Die Besitzerin des Klaviers äußerte auf dem Weg zum Instrument ihre Hoffnung, dass das Piano vom Großvater überhaupt noch zu stimmen sei. Oh je, was wird mich erwarten? Schon die ersten Töne waren beeindruckend. Aus Spaß sage ich dann gerne: Endlich ein verstimmtes Klavier! Doch diesmal stellte ich mir selbst die Frage: Wird dieses 140-150 cm hohe Instrument noch zu stimmen sein? Die Aufschrift verrät schon, dass es noch von Ed. Steingraeber, also dem Gründer der Marke stammt. Die Mechanik hat noch eine Oberdämpfung, was für meine Kollegen in der Regel schon ein NoGo ist. Meine Recherche ergibt: Es wurde 1891 gebaut. Das beeindruckte die Klavierbesitzerin deutlich: Dann ist es ja schon ein Wunder, dass das Instrument überhaupt noch spielt! Ja, und wenn man es jetzt auch noch stimmen kann...

Doch bevor ich mit dem Stimmen beginne, muss ich noch eine kleine Reparatur durchführen. Denn eine Taste erzeugte keinen Ton. Was war hier los? Ein tiefer Blick in die Mechanik zeigte, dass sich die Puppe einer Stoßzunge gelöst hatte. Hier war die Leimverbindung aufgegangen. Nach fast 130 Jahren ist das ein recht gutes Ergebnis für die 1891 durchgeführten Verleimungen. Das Problem ergibt sich hier durch die Oberdämpfermechanik, da die eigentliche Mechanik hinter den Metallstangen der Oberdämpfung verborgen ist. Um also an die Mechanik heranzukommen, muss man erst einmal ein paar Dämpfer aushängen und links und rechts fixieren. Gelingt das, kann man vorsichtig Leim anbringen, um dann mit speziellen Zangen die Puppe der Stoßzunge passgenau wieder einzusetzen. Diesen Vorgang dokumentieren zwei Bilder innerhalb der Bilder-Slideshow im Kopf dieser Seite.

Meine ersten Prüfungen ergaben, dass die Stimmnägel noch halten. Lediglich die alten Saiten scheinen der Schwachpunkt zu sein. Wie löst man das Problem direkt beim Kunden vor Ort? Mit welchem Zauber kann man das scheinbar Unmögliche trotzdem möglich machen? Die Verstimmung wies zwischen Bass und Mittellage/Diskant circa einen halben Ton Unterschied auf. Meine Versuche, den Bass höher zu stimmen, brach ich aufgrund des Risikos von Saitenbrüchen ab. Also blieb nur der Weg, Mittellage und Diskant herunter zu stimmen. Das gelang in zwei Durchgängen, wenn auch trotz der Richtung auf Entspannung weitere Saiten brachen. Wie durch ein Wunder, waren am Ende dennoch alle Töne vorhanden. Man braucht als Klavierstimmer nicht nur Wissen, Erfahrung und Können, sondern auch Glück! Vergleichen Sie mit dem Wunder der Endstimmung.

Ist auch Ihr Klavier oder Flügel verstimmt? Dann finden Sie hier die Leistungen und Festpreise der überregionalen Klavierstimmerei Praeludio für den Landkreis Fürstenfeldbruck.

Bitte beachten Sie, dass sämtliche Hörbeispiele der Klavierstimmerei Praeludio durch das Copyright geschützt sind.

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