Das von Ibach 1911 gebaute Piano hat noch eine Oberdämpfermechanik. Allein aufgrund der veralteten Mechanik sei der Wert Null, lautet die Aussage einer Bewertungstabelle für gebrauchte Klaviere. Doch das Klavier aus diesem Hörbeispiel hat eine sehr angenehme Spielart. Grundsätzlich ist die Spielart von Klavieren mit Oberdämpfermechanik vom Spielgefühl her den Flügelmechaniken sehr ähnlich. Woran liegt das? Nun, es liegt daran, dass man bei diesem Mechaniktyp im Klavier genau wie beim Flügel nur Gewichte bewegt. Derartige Bewegungsmuster empfinden wir als authentisch, da wir sie von Geburt an gewohnt sind. Im Gegensatz zum Beschleunigen eines Gewichts verhält sich das Überwinden eines Federwiderstandes, also gegen die Spannung einer Feder arbeitend, völlig anders. Bei einem Gewicht setzt man am Anfang einen Impuls und danach bleibt das Gewicht in der Bewegung. Das kostet mich weiter keine Kraft. Bei der Feder dagegen steigt der Widerstand umso stärker, je weiter ich die Feder spanne. Das ist zum Beispiel beim digitalen Keyboard der Fall, bei dem am Ende der Taste kein Gewicht bewegt wird, das nach dem Drücken der Taste mittels der Schwerkraft die Taste wieder in die Ausgangsstellung bringt. Mangels Gewicht muss die Taste nach dem Herunterdrücken durch eine Feder zurück nach oben bewegt werden. Aus diesem Grund sagen wir, dass das Spielgefühl am Klavier viel besser als am Keyboard sei. Doch hier muss man differenzieren. Denn die mittlerweile in der Regel verfügbare Unterdämpfermechanik in den modernen Pianos hat in der Mechanik nun auch eine Feder, deren Widerstand ich beim Herunterdrücken der Taste überwinden muss: Es ist die Feder, die die Dämpfung unterhalb des Hammers – daher der Name Unterdämpfung – gegen die Saiten drückt. Das heißt: Die vergleichsweise bessere Dämpfung der Unterdämpfung hat im Vergleich zur Oberdämpfung eine schlechtere Spielart.

Schon lange haben die Klavierbauer aufgehört, das Piano zu optimieren. Und selbst wenn man mittlerweile Meilensteine des Klavierbaus wie die Repetitionsmechanik für das aufrecht stehende Klavier entwickelt hat, verschwinden diese in der Schublade. In diesem Fall liegt der Grund darin, dass man mit einem einwandfreien Klavier das bessere, da gewinnträchtigere Geschäftsmodell des Flügels ad absurdum führen würde. Bei allen anderen Punkten, wie dem schlechteren Spielgefühl bei Unterdämpfermechaniken oder einem in der Regel nicht funktionierenden Leisepedal im Klavier oder dem inzwischen grellen Klang der modernen Pianos spricht man einfach nicht über das Thema (Spielgefühl, Leisepedal) oder erzählt den Kunden Märchen (Brillanter Klang im Klavier) und lügt sich dabei selbst in die Tasche. Das Akustikpiano hat trotz aller Handicaps im Vergleich zu den neuen Instrumenten eine Vielzahl von starken Eigenschaften in die Waagschale zu werfen. Würde man sich ernsthaft um eine Rundum-Optimierung bemühen, könnte man nicht nur neue Klaviere verkaufen, sondern würde dem Klavierspiel, der Musik und letztlich dem Land starke Entwicklungsimpulse geben. Da dies nicht der Fall ist, sondern die noch verbliebenen Klavierhersteller wie zuletzt Schimmel (Selbstverkauf an den größten chinesischen Klavierbauer Pearl River Group Anfang 2016) gegenüber der eigenen Kultur, gegenüber dem Familienerbe regelrechte Fahnenflucht begehen, muss man zur Eigeninitiative aufrufen, wie ich das auf meiner Homepage zum Hybrid-Piano getan habe, die außer Informationen über die aktuellsten Entwicklungen eine Anleitung zum Umbau des eigenen Akustikpianos in ein Hybridklavier enthält.

Im Vergleich zu der Aufnahme der Verstimmung unterscheidet sich das nun erreichte Ergebnis in mehrfacher Hinsicht:

Natürlich ist das Klavier inzwischen gestimmt. Die Stimmung ist nicht mehr in sich zusammenfallend, sondern erhebend. Die Tonhöhen entsprechen unserer Erwartungshaltung. Außerdem wurde das Tonhaltepedal besser eingestellt. In der Summe macht mir der nun zu hörende Klavierklang Freude, nicht nur da die vorherigen Störungen beseitigt sind, sondern auch da nun meine Erwartungshaltung bestätigt wird.

Der junge Klavierspieler prüfte das Ergebnis und konnte die Unterschiede klar benennen. Vorher schimpfte er auf das Klavier. Zu recht, denn es hat ihn unterbewusst heruntergezogen, ihm mehrfach schlechte Laune beschert. Zum einen scheinbar, da er von den Eltern aus Klavier spielen sollte. (Wie sich bei dem anlässlich der Klavierstimmung geführten Gespräch herausstellte, war aber der Mathematik-Lehrer der Initiator, der aufgrund des Mathe-Talents meinte, der Junge müsste unbedingt Klavier spielen.) Doch der Hauptgrund für die inneren Widerstände des Jungen gegenüber seinem Musikwerkzeug lag mehr im Zustand des Instruments, der Verstimmung sowie dem mangelhaft abhebenden Tonhaltepedal. Gerade wenn es um das Thema Lernen geht, ist es enorm wichtig, herauszufinden, wo Probleme wie z.B. innere Widerstände liegen und wodurch sie augelöst werden. Will ich ökonomisch lernen, so muss ich diese Widerstände beseitigen und darüber hinaus herausfinden, was für ein Lerntyp ich bin, um dem auch gerecht werden zu können. Alles andere ist eine unverhältnismäßige Qual, die zu unnötigen Reibungen führt.

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    Klavierstimmer, Klavier stimmen, Roth, Ibach, Oberdämpfer, 427 Hertz, Hörbeispiel
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